Blog 'Erinnerungen'
Individualität in der DDR: Kreativität „ohne Grenzen“ (30.07.2022)
Wir haben um Originalität gerungen, um dem unerträglichen DDR-Mode-Einerlei was entgegenzusetzen. Die eingesetzten Mittel waren sehr kreativ und reichten von Windeln und OP-Tüchern bis zu medizinischen Farbstoffen. Es wurde gerafft, genietet und mit Kartoffeln Punktemuster gedruckt.
Wir waren immer bemüht, uns von anderen zu unterscheiden, obwohl – oder gerade weil – das eine richtige Herausforderung war. Es gab ja nur „Einheitskleidung“ zu kaufen. Alle trugen zum Beispiel die gleichen Sandalen: Echte Römerlatschen, flach, mit zwei Riemchen, in braun. In Ausnahmefällen konnten sich glückliche Träger an schwarzen Modellen erfreuen. Ich weiß heute nicht mehr, wo und wieso ich ein Paar mit DREI Riemchen ergattert hatte, zumindest hob das dritte Riemchen mich stets aus der anonymen Masse hervor und gab oft Anlass zu erstaunten Fragen.
Wie ich manipulatives Schreiben lernte (15.08.2018)
Es gibt ja eine ganze Menge Arten zu schreiben: reflektierendes Schreiben, kreatives Schreiben, biografisches Schreiben, analytisches Schreiben, wissenschaftliches Schreiben und vieles mehr. Ich war als Kind eine Meisterin im manipulativen Schreiben. Und das kam so:
In unserer 6-köpfigen Familie herrschte Mangel. Nein, nicht ein Mangel an Liebe und Zuwendung, davon gab es zum Glück genug. Aber ein handfester Mangel an chicen, modischen Klamotten!
Ich war eine sportliche Niete (30.04.2016)
Obwohl ich spindeldürr war, stellte ich im Leidensverbund mit den korpulenten Mädchen die sportliche Problemschicht der Klasse dar. Sport und ich - das war und blieb die ganze Schulzeit über ein unlösbares Problem.
„Wie kann das sein? Dabei siehst Du doch so sportlich aus!“, ich weiss gar nicht, WIE oft ich diesen Spruch in meiner Kindheit gehört habe.
Wie ich schwimmen lernte (24.02.2016)
Wer mich kennt, weiss, dass es mir das Allerliebste ist, stundenlang kilometerweise allein über Seen zu schwimmen. Aber was ihr nicht wißt, ist, wie schwer es mir gefallen ist, das Schwimmen zu lernen!
In der DDR zu meiner Kindheit gab es zwar noch nicht das Schwimmen als Schulsport, aber trotzdem so nützliche Sachen wie Schwimmlager. Das war ein mehrtägiger Schwimmkurs im heimischen Freibad. Warum man den Schwimmkurs „Lager“ nannte, kann ich nicht sagen, vielleicht weil man danach auf der Wiese lagern und sich ausruhen konnte? Schwimmen und Lagern?
Von Löchern und Bommeln (11.02.2016)
Früher war eine Zeit, in der man Löcher in Strümpfen gestopft hat. Das machte das Vorhandensein von Stopf-Eiern erforderlich, die man in den Strumpf steckte. Die Stopf-Eier waren sozusagen der OP-Tisch für den Strumpf, auf dem das Loch für die Operation vorbereitet wurde. Nun konnte man das Loch über dem Ei komfortabel mit einem mehr oder weniger geschickt ausgeführten Gittermuster unauffällig schließen. Wenn das nicht gut gelang, drückte es nachher im Schuh.
Telegramm im Hausbriefkasten (27.01.2016)
Früher war eine Zeit, in der die meisten Menschen kein Telefon hatten. Man kündigte seinen Besuch auf einer Postkarte an oder gar nicht. Man ging einfach hin und der Mensch war zu Hause. Denn wo hätte er sonst sein sollen?
Wenn man für Jemanden eine eilige Nachricht hatte und beide hatten kein Telefon, ging man zur Post. Dort stellte man sich an der Schlange an und wenn man dran war, sagte man der Postfrau am Schalter seine Nachricht. Die trug jedes Wort in ein Formular ein, in jedes Kästchen einen Buchstaben. Mit der Hand natürlich, nicht mit einem Computer. Dann bezahlte man für jeden einzelnen Buchstaben ging nach Hause.
Von Zuckerstangen, Stundenlutschern und klebrigem Sprühregen: Meine süßen DDR-Erinnerungen... (24.01.2016)
Als Kinder hatten wir selten Süßigkeiten. Umso größer war die Freude, wenn es mal welche gab. Das ist wohl der Grund, warum ich mich noch so detailliert an sie erinnern kann.
Die DDR-Lutscher aus der sozialistischen Konsumgüterproduktion (Abteilung: Waren des täglichen Bedarfs = WTB) waren lang, platt und oben leicht spitz zulaufend, von gelber Farbe, mit rauher Oberfläche und Zitronengeschmack.
Ideologisches Schubladendenken - vom Klassenbewusstsein in der DDR (19.01.2016)
Ich hatte eine DDR-Kindheit. Aber das war noch nicht alles. Ich hatte eine DDR-Kirchen-Kindheit. Es gab in der DDR einige grundlegende ideologische Schubladen. Zu wissen, in welche Schublade man gehörte, war Klassenbewußtsein.
Im Arbeiter- und Bauernstaat war es das Beste, ein Arbeiter oder Bauer zu sein. Doch wohin mit den anderen? Christiane Schenke
Ich öffne eine Zeitkonserve... (12.01.2016)
Manchmal betritt man Räume, in denen die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Da leben Menschen noch in einem komplett intakten Interieur einer vergangenen Zeit. Das ist mir zum Beispiel in meiner Zeit in der Hauskrankenpflege so ergangen, denn da war ich in vielen Wohnungen alter Menschen. Dort sind nicht nur persönliche Geschichten konserviert, sondern Zeitgeist.
Bitte schütteln, aber BLOSS nicht in den Regen kommen: VON MEINER WILDEN HEIMFRISEUR-KARRIERE (07.01.2016)
Schon als kleines Mädchen schnitt ich den Grasbüscheln im Hof Frisuren.
Im Jugendalter ergab sich ein unerwartetes Betätigungsfeld auf den Köpfen junger Männer, die in der NVA den Dienst an der Waffe mit Kurzhaarschnitt anzutreten hatten und denen sowieso alles egal war. Kurz und gut, sie ließen mich an ihre Mähnen, die eh dem Untergang geweiht waren, und ich konnte üben.
Das Eis-Trauma (30.01.2015)
In meiner Erinnerung herrscht ein schmerzhafter Eismangel und eine unstillbare Eissehnsucht. Christiane Schenke
Ich habe ein frühkindliches Eis-Trauma, gegen das ich mein Leben lang ankämpfe. Zum Beispiel hier, auf dem Foto, in der besten Eisdiele Kopenhagens „Ismageriet“, die wir letzten Sommer im Urlaub gezielt angesteuert haben, nachdem ich den appetitmachenden Blogeintrag von Meike Winnemuth gelesen hatte.
Fakt ist eins, ich LIEBE Eis. Und ich kann, ja ich MUSS große Mengen davon verdrücken. WARUM? Die Ursachen liegen in meiner Kindheit, im Eisladen von Frau Menke.