Blog 'Hier und jetzt und mit allen: Spiritualität'
Ein Moment der Offenbarung (28.02.2015)
Ganz seltene, besondere Umstände ermöglichen mir einen Moment der Erkenntnis, zu der Herz und Hirn im Gleichklang gelangen.
Musik kann der Türöffner sein, Ich höre zum Beispiel ein Lied, das mich irgendwie berührt. Das Lied wohnt in mir wie ein Ohrwurm. Es klopft immer wieder an, will mir etwas sagen, in mir etwas öffnen.
Der Moment der Erkenntnis kann auch eingeleitet werden durch eine ganz tiefe Traurigkeit, die mich in seltener Ruhe befällt.
Da liegt plötzlich die Seele bloß und das Herz geht auf. Ich bewege mich in einer völlig anderen Ebene des Denkens und Fühlens. Sehe offen, klar und ungeschützt durch den Schleier. Bin auf's Tiefste berührt.
Für einen Moment trete ich ein in ein tieferes Verständnis der Welt und des Menschseins. Für einen Moment schaue ich auf die wahre Absicht Gottes, die er mit uns Menschen hat. Die wir nie einlösen können. Abgrundtiefe Schönheit. Herrlichste Klarheit. Universelle Liebe.
Mein Empfinden richtet sich auf das Menschsein im Allgemeinen, es ist aber nicht abstrakt. Im Gegenteil, es ist so berührend und schmerzvoll, dass ich weinen kann über die Begrenztheit menschlichen Bemühens.
Ich erkenne das Bestreben des Menschen, glücklich zu sein.
Ich erkenne die Berge und Abgründe, die ihn daran hindern.
Dass wir nur an der Oberfläche kratzen und die wahre Herrlichkeit nicht sehen.
Weil wir Menschen schwach sind und zum wahren Glück vorzudringen ein hoher Anspruch ist, der sehr schwer und für manche sogar unmöglich zu erfüllen ist.
Ich merke, wie wenig die wirklich wichtigen Dinge uns erreichen und wie sehr wir uns an der Oberfläche der wahren Bedeutung und des echten Verständnisses bewegen. Des wahren Erkennens füreinander, für die Schöpfung. Einem Erkennen, das unter die Haut geht. Das zum echten Mitfühlen befähigt.
Auf den einzelnen Menschen, mein Gegenüber, bezogen heisst das, zu seiner inneren, wahren Schönheit und Bestimmung vorzudringen, kann mir allerhöchstens mal einen lidschlagkurzen Augenblick lang gelingen. Daran hindert mich das, was wir Menschen sagen, denken und tun und was das wiederum in mir auslöst. Die ganzen Wellen des Denkens, Redens, der Emotionen. Die Sorgen, die Eitelkeit, die Abwehr, der Vergleich, die Urteile, die Absichten und das Verzwecken. Nicht umsonst sagt der Buddhismus, dass nur das absichtslose Schauen die Trennung zwischen Betrachter und dem Gegenstand der Betrachtung aufhebt.
Diese Momente sind mir sehr wertvoll, obwohl sie mir schmerzlich die menschliche Begrenztheit zeigen. Und in solchen Momenten ist mir Gott sehr nahe, weil ich erkenne, wie sehr wir ihn brauchen. Wie wunderbar er es eigentlich alles gemeint hat, was wir nie ganz verstehen und wertschätzen. Und weil er allein die volle, wahre und tiefe Erkenntnis aller Menschen und Dinge ist, an der wir allenfalls, in besonders tiefsinnigen Momenten, mal oberflächlich kratzen.
Dazu ein Zitat von Friedrich Nietzsche:
„Das Leben besteht aus seltenen einzelnen Momenten von höchster Bedeutsamkeit und unzählig vielen Intervallen, in denen uns bestenfalls die Schattenbilder jener Momente umschweben. Die Liebe, der Frühling, jede schöne Melodie, das Gebirge, der Mond, das Meer — alles redet nur einmal ganz zum Herzen: wenn es überhaupt je ganz zu Worte kommt. Denn viele Menschen haben jene Momente gar nicht und sind selber Intervalle und Pausen in der Symphonie des wirklichen Lebens.“
aus: "Gute Gedanken für alle Tage", Reclam-Verlag
Bibel 1. Korinther 13, 12-13:
"Jetzt sehen wir nur ein undeutliches Bild wie in einem trüben Spiegel. Einmal aber werden wir Gott von Angesicht zu Angesicht sehen. Jetzt erkenne ich nur Bruchstücke, doch einmal werde ich alles klar erkennen, so deutlich, wie Gott mich jetzt schon kennt. Was bleibt, sind Glaube, Hoffnung und Liebe. Die Liebe aber ist das Größte."
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