Entdeckungen
Istanbul im Mai 2012, Teil 2
Vierter Tag:
Mit dem Linienschiff ging es auf die Prinzeninseln, zum unschlagbar günstigen Preis von 4 TL (Jetonautomat) - Abfahrt ist vom Hafen in Eminönü! Die Istanbuler sagen nur Adalar - "die Inseln". Mit uns sind jede Menge Leute mit auf die Idee gekommen, die Zahl der Touristen und der Einheimischen hielt sich etwa die Waage.
Das Schiff fährt vier Prinzeninseln an. Wir hatten uns für die zweitgrößte Prinzeninsel, Heybeliada, entschieden. Vielleicht würden wir hier eine Badestelle finden? Das Wetter war gut! Eine brauchbare Badestelle haben wir nicht gefunden, dafür aber ein griechisch-orthodoxes Kloster auf dem Berg oben, eine nette Fischgaststätte und wieder jede Menge Straßenkatzen.
Hier war es richtig romatisch - Pinienhaine und recht gute Luft, was man von Istanbul nicht gerade sagen kann. Zu Recht sind die Prinzeninseln die "Sommerfrische" der Instanbuler.
Der Zufall führte unseren Weg in ein Erholungsgebiet, wo man gegen Eintritt (3,70 TL) viel Grün und jede Menge Platz für Sport und Picknick genießen konnte. Wirklich eine Oase, wo man sich von der hektischen Großstadt erholen kann! Hier sahen wir zum ersten Mal einen "Spielpatz für Erwachsene" - "Fitnessgeräte im öffentlichen Raum". Das sahen wir in den nächsten Tagen noch öfter, in Parks oder am Ufer, in reger Benutzung. Eine gute Idee, schließlich ist Istanbul ja zum Radfahren und Joggen nicht geeignet.
Fünfter Tag:
Beyoğlu: Beyoğlu ist der gegenüberliegende Teil des europäischen Istanbuls, auf den wir von unserem Hotelzimmer sehen konnten. Natürlich ging es rauf auf den Galata-Turm, der einen grandiosen Ausblick auf Instanbul bietet, auch wenn der Eintritt mit 12 TL uns zuerst etwas zögern ließ.
Mit de Standseilbahn Tünel fuhren wir den Berg hoch und bestiegen die historische Straßenbahn, die uns vom Tünelplatz zum Taksim-Platz brachte. Wir konnten dieselben Jetons für Tünel-Bahn und historische Straßenbahn benutzen.
Der Taksim-Platz ist das Herz des modernen europäischen Istanbul. Die Straßenbahn fährt dabei durch die bekannte Einkaufssstrasse Istikal Caddesi, auf der keine Autos fahren. Es drängen sich hier nur jede Menge Fußgänger und die historische Straßenbahn. In einem großen modernen Einkaufszentrum fühlten wir uns für eine kleine Weile heimatlich, es gab zum Beispiel Saturn. Und es gibt gepflegte kostenlose Toiletten (1. Stock).
Im Buch "Ein Jahr in Istanbul - Reise in den Alltag" von Cornelia Tomerius hatte ich von dem kleinen Laden Inci (Perle) in der Istikal Caddesi gelesen, wo es das beste Profiterol der Stadt geben soll. Profiterol ist eine Süßspeise aus Bisquitteig, der mit Vanillecreme gefüllt ist und mit dunkler Schokosause übergossen wird. Es war klar, dass wir hier rein mussten! Es ist ein enger schlauchartiger Laden, auf dem Tresen stehen Unmengen Teller mit Profiterol, man nimmt sich einen und verzehrt ihn an einem der kleinen Tische und zahlt hinterher an der Kasse ganz hinten im Laden. Es kostete etwas über 1 TL pro Portion. Kaffee gab es leider nicht dazu, ein Türkischer Kahve hätte perfekt dazu gepasst!
In Beyoğlu gibt es einige griechisch-orthodoxe Kirchen - wir besichtigten die Hagia Triada. Auffällig ist, dass die Türme dieser Kirchen recht niedrig gehalten sind, da es verboten war, dass sie in der Skyine der Stadt zu sehen sind. Ein Gläubiger ließ uns ein und bat uns anschließend um eine kleine Spende.
Süleymaniye-Moschee: Leicht und grazil erscheint sie, im Gegensatz zur Sultan-Ahmed-Moschee, auch bezeichnet als "blaue Moschee" wegen der blauen Muster auf den Fliesen). Uns gefiel die Süleymaniye-Moschee vor allem wegen ihrer Leichtigkeit.
Abschluß unserer heutigen Besichtigungstour war das Hippodrom auf dem Sultan-Ahmet-Platz, von denen noch drei Stelen auf dem Platz stehen.
Sechster Tag:
Westliche Stadtteile, zu Fuß nach Fatih und Eyüp:
An diesem Tag waren wir die reinsten Stadtwanderer und haben viele Kilometer zurückgelegt, von denen wir uns anschließend in einem Teegarten ausruhten.
Ein islamisches Heiligtum, die Eyüp-Sultan-Moschee, die heiligste von allen Istanbuler Moscheen. Vor einem Wunschfenster drängen sich die Gläubigen. Familien mit kleinen Jungs, die zur Beschneidungsfeier wie kleine Prinzen gekleidet sind, kommen gemeinsam in diese Moschee. Über einen sehenswerten alten Friedhof (die Grabsteine sind entweder mit Turbanen für Männer oder mit Rosten für Frauen verziert) wanderten wir hoch zu einem grandiosen Ausblick auf das Goldene Horn, welchen wir in einem der Cafes genossen. Runter ging es dann mit der Seilbahn (2 TL). Der Automat hat nicht gewechselt, sondern für unsere 20 TL Jetons ausgespuckt. Das irritierte uns zunächst, war aber kein Problem, da dieselben Plastechips auch in der Straßenbahn und Metro gelten.
Chora-Kloster oder auch Chora-Kirche:
Natürlich auch ein "Must-Have", wenn man einmal in Istanbul ist. Es ist ziemlich klein und voller Wandbilder, perspektivisch wirkende figürliche Darstellungen in wunderbaren Erdtönen, gut restauriert, in einem Raum mit Farbe gemalt, in den anderen Räumen als Mosaike aus winzig kleinen Steinchen (vielleicht ein Zentimeter pro Steinchen?)
Landmauer:
Eine echte Expedition durch sehr authentisches Leben entlang der Mauer. Sie führt durch arme Wohngegenden, in denen man sich als Tourist doch recht deplatziert fühlt.
Siebenter Tag:
Asiatischer Stadtteil Üsküdar: Mit der Fähre von Eminönü
Hier hat man als Tourist Ruhe und wird kaum beachtet. Dafür ist es gut, ein paar Worte türkisch zu können. Der Zufall führte uns auf einen Markt - jede Menge Gedränge, viel leckeres, duftendes frisches Gemüse und Obst. Wir essen Erik, eine grüne Pflaumenart mit viel Vitamin C, die man mit Salz zu sich nimmt und Maulbeeren (sehen aus wie Brombeeren, nur etwas länger, schmecken sehr süß).
Wir besuchen einge kleinere Moscheen.
Den Abschluss bildet der Besuch der Kanaat Lokantasi, die in unserem Reiseführer empfohlen wird. Ich genoss kaltes, in Öl mariniertes, wunderbar schmackhaftes Gemüse, danach einen Sütlaç (Pudding aus Milchreis) und Türkischen Kahve (langsam gekochter Espresso mit Kaffeesatz), sutlı (mit Zucker).
Achter Tag, Abreise:
Für die Rückfahrt zum Flughafen Atatürk (türkisch Havalimanı) nahmen wir zuerst die Straßenbahn T1 in und dann die Metro HM1. Es gibt zwei mögliche Umsteigestellen von der Straßenbahn in die Metro, diese sind am Liniennetzplan ersichtlich und werden in der Bahn auch in englisch angesagt.
Wenn man aus der Metro aussteigt, gelangt man zu den Internationalen Abflügen (International Departures) über einen Aufzug, der sich auf der rechten Seite befindet. Man muss in den vierten Stock fahren.
Istanbuler Momentaufnahmen, die in Erinnerung bleiben:
- Eishändler, die mit dem zähen, klebrigen türkischen Eis für die Touristen Späße machen, indem sie uns das Eis erst hinhalten und dann mit dem Holzlöffel, an dem die Eismasse klebt, blitzschnell zurückziehen
- der Hahn in einem kleinen Garten direkt an einer riesigen Verkehrsstraße, dessen Krähen im Verkehrslärm untergeht
- die Rufe "Bosporus, Bosporus, Bosporus", mit denen Touristen zu einer Bootsfahrt gelockt werden
- unser abendliches Bemühen, auf "kellnerfreien" Wegen nach Hause ins Hotel zu kommen
- die Stauverkäufer, die sich zwischen den wartenden und fahrenden Autos durchschlängeln und Rosen und Erik (kleine grüne Pflaumen, die man mit Salz ißt) anbieten
- die Wartenummer, die von einem Postbeamten an uns ausgegeben wird, als wir ein paar Briefmarken kaufen wollen (obwohl keiner wartet)
- der Briefkasten, der von Waren auf dem Basar eingebaut worden ist, so dass man ihn kaum noch sieht
- Männer mit Anzügen und mit Rosenkränzen in den Händen. Während man bei uns einen Anzug meist eher zu "gehobenen" Anlässen trägt, scheint er in Istanbul Alltagskleidung zu sein, ohne Anspruch auf besondere Eleganz
- die Lastenträger, die Karren hinter sich herziehen, auf denen riesige Säcke mit Stricken festgezurrt sind
- die Wache in der Neuen Moschee, der Frauen sofort zurückruft, die unwissentlich in den nur für die Männer zugelassenen Bereich hineingehen
- die Menschen, die irgendwelche kleinen Waren verkaufen, von denen man sich nicht vorstellen kann, wer sie braucht. Aber es gibt auch sehr praktische Dinge, zum werden Feuerzeuge nachfült und repariert!
- die Schaufenster, die mit Wasserhähnen und anderen losen Heimwerkerteilen in undurchdringlicher Systematik bis zum Anschlag vollgestopft sind. Ich vermute die Systematik sind gleichartige Teile - in einer Fensterauslage nur Plastikrohrbogen.
- schwarz verhüllte Frauen, die nur durch einen Augenschlitz sehen
- Unmengen bunter Kopftücher aller Art und Muster auf den Köpfen der Frauen, dazu die bodenlangen Mäntel, die wie aufwändig-selbst-geschneidert wirken
- sehr authentisch wirkende Menschen, die einfach und selbstverständlich so sind, wie sie sind
- und in Istanbul keine einzige Situation, wo Menschen sich anschreien, gehetzt wirken oder unhöflich drängeln, trotz der Enge und der Menschenmassen
- lediglich auf dem Flugplatz flippt ein Mann filmreif aus, als er seine eben gekauften Wasserflaschen nicht mit einchecken darf
Telefonieren und Datendienste:
Wir hatten uns vor de Abfahrt noch Mobilfunkkarten der Türk Telekom besorgt. Damit konnten wir in Istanbul für einen überschaubaren Preis telefonieren und das Internet benutzen. Die Google-Maps-Fußgängernavigation war uns im Dickicht der Istanbuler Straßen und Gassen eine unentbehrliche Hilfe. Die Google-Übersetzer-App konnte stets schnell weiterhelfen bei der Frage "Was heisst das denn?" (Türkische Tastatur einstellen). Abends im Hotel hatten wir dann zudem noch kostenloses W-Lan.
Mehr zum Thema Istanbul-Reisen gibt es auf dem Istanbul-Reisen-Blog von Thomas.
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